Format: 
Workshop
Sprache: 
Deutsch
Präsenzveranstaltung
5. Oktober 2023 - 11:00 bis 16:30

House of Science and Transfer/ HoST

Die Debatte um Gender und Carearbeit wird in den Sozialwissenschaften meist mit Blick auf vergeschlechtlichte Praktiken des Sorgens im Kontext unbezahlter Sorgearbeit geführt (s. u.a. Riegraf 2019). Im Zentrum steht hierbei insbesondere die Frage, wie unsichtbare und meist von Frauen verrichtete Sorgearbeit zum einen sichtbar gemacht und zum anderen zwischen den Geschlechtern gleichberechtigt verteilt werden kann. Auch jüngst hat die CoronaPandemie die Dringlichkeit dieser Fragen noch einmal auf den Plan gerufen. Obgleich Pflegeberufe spätestens im Zuge der Diskussion um Systemrelevanz an Bedeutung im gesellschaftspolitischen Diskurs gewinnen und damit auch die Aussage immer lauter wird, dass „Frauen das Ganze am Laufen halten“ (Villa 2020), ist die geschlechterreflektierende Forschung im Bereich der professionellen Pflege und in den Gesundheitsberufen immer noch verhalten. Zwar benennen einige Autor*innen Aspekte wie Intersektionalität (Bachinger 2015), Diversität (Artner et al. 2019; Lottmann 2020) oder ein Doing Gender (Reitinger 2016). Mehrheitlich gehen Arbeiten allerdings in erster Linie auf die Pflege als Frauenarbeit ein (Backes 2005) und leiten daraus Maßnahmen für die Integration männlicher Pflegefachpersonen ab. Nur selten gerät Gender vor dem Hintergrund vergeschlechtlichter Praktiken im Alltag von Pflege- und Gesundheitsberufen in den Blick. Wir wollen diese Leerstelle aufgreifen und danach fragen, wie pflegerisches Handeln aus der Genderforschung reflektiert wird und welche Genderaspekte für die Pflege- und Gesundheitsforschung relevant sind. Pflegerisches Handeln verstehen wir mit Bezug zur sozialwissenschaftlichen Careforschung als auf „asymmetrischen Beziehungen beruhende Praxisform“ (Brückner 2010, S. 43), die sich vor dem Hintergrund einer institutionellen Rahmung und normativen, vergeschlechtlichen Deutungsmustern formiert und einer spezifischen Logik folgt.

Wie verändert sich der Blick auf das professionelle Selbstverständnis, Geschlechterkonstruktionen und Hierarchien im Geschlechterarrangement, wenn wir pflegerisches Handeln und Care in Bezug auf Gender verschränken? Welche Perspektiven finden sich jenseits der Debatte um die weibliche Domäne in der Pflege?? Welche Intersektionen mit anderen Ungleichheitskategorien (race, Disability, class) werden darüber sichtbar? Welche Rolle spielen die Intersektionen zwischen Care, Arbeit und (transnationaler) Mobilität? Und welchen Beitrag können diese Perspektiven für die Debatte um Carearbeit in der Gesellschaft leisten?

Mit Fragen wie diesen befassen wir uns bei unserem eintägigen Workshop an der Frankfurt University of Applied Sciences. Gemeinsam möchten wir in einen Dialog kommen und verstehen die Veranstaltung als kollegialen Austausch und Möglichkeit der Vernetzung.

Kurzinputs:

Organisierte Care-Mobilität aus und innerhalb Mittel- und Osteuropas
Dr. Ewa Palenga-Möllenbeck, Roxana Fiebig-Spindler und Nils Frey, alle Goethe-Universität Frankfurt am Main

Pflegerisches Handeln als Praxeologie der Körper? Methodologische Untersuchungen zu einer genderreflektierten Erforschung von körperbasierten Pflegeprozessen
Prof. Dr. Ulrike Manz, Evangelische Hochschule Darmstadt

Care-Narrative älterer Migrantinnen und Migranten im Gesundheitssystem: eine ethische Analyse von Mustern und Umgängen mit Intersektionalität
Anna-Christina Kainradl und Prof. Dr. Klaus Wegleitner, beide Universität Graz

Maternity Care que(e)ren. Hebammen* reformieren die gesundheitliche Versorgungspraxis
Theresia Lutz, Central European University (CEU) Wien und Friedrich-Schiller-Universität Jena, und Dr. Eva Tolasch, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Das berufliche Selbstverständnis von professionellen Pflegefachpersonen – Aushandlungsprozesse im Kontext von Diversität und Geschlecht
Christina Gold, Hessisches Institut für Pflegeforschung Frankfurt am Main

Programm und mehr Informationen hier.

Dies ist eine Kooperationsveranstaltung des Gender- und Frauenforschungszentrums der hessischen Hochschulen (gFFZ), des Hessischen Instituts für Pflegeforschung (HessIP) und des Cornelia-Goethe-Centrums (CGC).