
Raum 1.G191
Der Raum ist über Aufzüge erreichbar. Es gibt zwei barrierefrei Toiletten im 1. Stock (1.G40s und 1.G40h).
Auf der Etage befindet sich eine All Gender-Toilette (1.G40n) mit Steh- und Sitzklos. Im 2. Stock des CGC befindet sich außerdem eine FLINTA*-Toilette (2.G40q).
Encarnación Gutiérrez Rodríguez
Dekoloniale Trauerarbeit: Verflochtener Schmerz und reparative
Gerechtigkeit
Dieser Vortrag versteht dekoloniale Trauerarbeit als eine Artikulation von Widerstand gegen koloniale und migrantisierende Nekropolitik. Nekropolitik wird hier als Kehrseite sozialer Reproduktion und zudem als konstitutiv für jene diskutiert. Während nekropolitische soziale Reproduktion nach einem Oxymoron klingt, kann dieses Konzept produktiv gemacht werden, um das Verhältnis zwischen der systematischen Schaffung und der Vernichtung von Leben zu verstehen, hier insbesondere im Kontext des systematischen Sterben lassens und Mordens von kolonisierten, feminisierten, sexualisierten,behinderten, rassialisierten, migrantisierten, verarmten und verlassenen Körpern. Ich entwickele mein Argument in drei Schritten: Zuerst unternehme ich eine Analyse der Gewalt, in der ich Femizide und die argentinische Bewegung #Ni Una Menos durch die Linse politischer Trauerarbeit in den Blick nehme. In einem zweiten Schritt, der politischen Theoretikerin Gladys Tzul Tzul folgend, werden wir uns mit gemeinschaftlichem Widerstand gegen den genozidalen und extraktivistischen rassialisierten Kapitalismus beschäftigen.Schließlich richten wir die Aufmerksamkeit auf aktuelle Überscheidungen von Kolonialität und Migration im deutschen Kontext und konzipieren dekoloniale Trauerarbeit als Schaffung einer konvivialen Infrastruktur, um nekropolitischersozialer Reproduktion zu widerstehen.
Said Etris Hashemi und Newroz Duman
Erinnern heißt verändern
Seit fünf Jahren sagen wir ihre Namen. Seit fünf Jahren erinnern wir. Seit fünf Jahren kämpfen wir unermüdlich für Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen. Obwohl vieles nicht aufgearbeitet wurde oder konsequenzenlos geblieben ist, sind wir trotzdem überzeugt, dass es die Möglichkeit der Veränderung gibt. Wir vertrauen auf die Stärke der Solidarität. Ohne die Solidarität anderer Betroffen er von Anfang an, hätten wir nicht das schaffen können, was wir getan haben. Dieses Land erinnert seit Hanau anders. Unter #saytheirnames sind die Namen überall zu lesen, es gibt Gedenkorte, Graffiti und Sticker. Wir erinnern an die Opfer, nicht an den Täter. Was bedeutet das Erinnern konkret vor Ort? Hanau ist auch eine Chiffre für rechten Terror und Gewalt, aber eben auch der Ort der Erinnerung und des Lebens. Erinnern heißt verändern. Wir machen das alles nicht für uns, sondern für die ganze Gesellschaft. Damit der überall grassierende Rassismus weniger wird. Für das Leben, gegen die Angst.

Encarnación Gutiérrez Rodríguez ist Professorin für Soziologie mit den Schwerpunkten Kultur und Migration an der Goethe-Universität, Frankfurt/Main. Vor dieser Position war sie Professorin für Allgemeine Soziologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Außerdem ist sie Adjunct Professor in Sociology an der University of Alberta, Kanada, und Gastprofessorin am CRISHET - Chair for Critical Studies in Higher Education Transformation, Nelson Mandela University, Südafrika. In den Jahren 2020/21 war sie Digital Senior Fellow am Maria Sibylla Merian Centre: Conviviality-Inequality in Latin America (Mecila), São Paulo. Sie war eine frühe und entschiedene Verfechterin der dekolonialen Kritik im deutschsprachigen Raum. Aktuelle Publikationen sind die Monographie Decolonial Mourning and the Caring Commons (Anthem 2023); und mit Shirley Anne Tate das Palgrave Handbook in Critical Race and Gender (Palgrave2022), mit Rhoda Reddock Decolonial Perspectives on Entangled Inequalities: Europe and the Caribbean (Anthem, 2021) und mit Pinar Tuzcu Migratischer Feminismus in der deutschen Frauenbewegung 1985-2000 (Assemblage 2021).

Said Etris Hashemi, geboren 1996 in Hanau, ist Autor und Sohn afghanischer Geflüchteter. 2024 erschien sein autobiografisches Buch »Der Tag, an dem ich sterben sollte. Wie der Terror in Hanau mein Leben für immer verändert hat«. Am 19. Februar 2020 wurde Hashemi Opfer des rechtsextremistischen Terroranschlages in Hanau, bei dem sein jüngerer Bruder Said Nesar und weitere Menschen verstarben. Hashemi überlebte knapp und setzt sich seitdem gegen Rassismus, Diskriminierung und für mehr Gerechtigkeit in Deutschland ein. Er lebt und arbeitet in Hanau.

Newroz Duman, Aktivistin für Antirassismus und Empowerment, Traumapädagogin, Sprecherin der Initiative 19. Februar Hanau und Projektmitarbeiterin im Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften in Leipzig.
Das CGC bemüht sich um eine möglichst gute Barrierefreiheit seiner Veranstaltungen. Wenn Sie Assistenz benötigen, um an unserer Veranstaltung teilnehmen zu können, teilen Sie uns Ihren Unterstützungsbedarf bitte bis 25.06.2025 per Mail an: mit. Wir bemühen uns daraufhin, die aufgetretenen Barrieren im Rahmen unserer Möglichkeiten zu mindern. Gerne können Sie an dieser Veranstaltung mit Ihren Kindern teilnehmen. Bitte wenden sich bis einen Monat vor der Veranstaltung an unsere oben genannte Mailadresse, falls Sie wünschen, dass wir uns außerdem um eine Kinderbetreuung bemühen. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme.