Ob im Deutschrap oder im Code noir: Bastardkinder sind allseits präsent. Sie beschäftigen uns mit Fragen der Herkunft, der Verunreinigung und des Begehrens. Denn jedes Bastardkind hat eine Mutter, die es geboren hat. Bei den Vätern ist die Sachlage bisweilen weniger eindeutig.
In (früh)kolonialen Rechtsgespinsten wie dem Code noir (1685) zeigen sich die Spuren kommender Klassen und ihrer Arbeitskämpfe. Geschlecht, Status und Hautfarbe mäandern begrifflich, vor- oder unbegrifflich in und zwischen den Zeilen, wo sie ein doppeltes Vererbungsgesetz etablieren: das biologische und das ökonomische, welchen wir als drittes noch das Gedächtnis hinzufügen.
Somit haben wir neben dem Melanin zwar keine Plantage geerbt, aber eine (sowohl notfalls als auch bestenfalls) fiktive Erinnerung daran.
Doch wohin gehört die Fiktion? Mit Toni Morrison in die Kunst als Ausdruck des Lebens? Oder mit Saidiya Hartman ins Archiv gegen die Statistiken des Todes? Anders gefragt: Imitiert die Kunst das Leben oder imitiert das Leben die Kunst? Und was, wenn beides stimmt? Mit etwas Psychoanalyse (Freud und Kristeva) und etwas Autobiografie (aus der Gosse in die Charts) widmen wir uns dem Historienkrimi der Bastardkinder und der Rekonstruktion einer Politik der Verunreinigung, Unterbrechung und Sabotage.
Matti Traußneck ist der Dichtung ebenso verbunden wie der Theorie, der Kunst weniger als dem Leben, dem Ritus mehr als der Auflösung. Ihre Arbeiten fokussieren Ästhetik in keinem spezifischen Sinn, dafür aber als Gratwanderung des Unanständigen. Sie ist Literatur- und Politikwissenschaftlerin an der Philipps-Universität Marburg, wo sie zu Antisemitismus, Rasse, Kapitalismus und Intersektionalität lehrt und forscht.
Die Cornelia Goethe Colloquien sind ein offenes Diskussionsforum für interdisziplinäre Geschlechterforschung. Interessierte* sind herzlich eingeladen!